Der erhoffte „Fracking-Boom“ gerät zurzeit nicht nur aufgrund von viel zu optimistischen Schätzungen zu den zukünftigen Förderquoten unter Beschuss. Spätestens seit der erfolgten Abwärtsrevision durch die U.S. Energy Information Administration (in Höhe von 96%) zur Ausbeutungskapazität des kalifornischen Monterey-Feldes muss ein auf Fracking basierender Öl- und Gasboom in den USA gänzlich in Frage gestellt werden. Der Schuh drückt vor allem unter den im Sektor aktiven Firmen, die mehrheitlich einen Verschuldungsgrad aufweisen, der in der Geschichte seines gleichen sucht. Allerdings bleiben die Erträge teils weit unter den Erwartungen. Die Gläubiger werden unruhig.

 

Doch nicht nur hier werden Risse im Gebälk sichtbar. Auch auf Seite der Unternehmen, die in diesem Geschäft tätig sind, hagelte es in den letzten Wochen und Monaten Meldungen des Misserfolgs. Und diese Meldungen beziehen sich in erster Linie auf die gewagten Modelle der Finanzierung unter diesen Unternehmen. Eine Reihe von Firmen operierte vor dem Fracking-Hype sehr traditionell, heißt, man ging einer zu hohen Verschuldung aus dem Weg.

 

Heute sieht das allerdings anders aus. Viele Unternehmen, die in diesen mit großen Hoffnungen assoziierten Sektor einstiegen, haben mehr Fremdkapital aufgenommen als jemals zuvor in der Geschichte. So wundert es auch nicht, dass es hier und dort bereits heißt, sich mit der aktuellen Situation nicht sonderlich wohl zu fühlen. Viele Firmen haben die Kosten völlig unterschätzt, die mit Gesteinsbohrungen einhergehen.

 

Und so befindet sich der Schiefergassektor schon längst mittendrin in einer harten Welle der Konsolidierung. Wie zuvor erwähnt, sehen sich viele Bohrfirmen und Explorer einer Situation ausgesetzt, in der ihnen die Kosten weglaufen und die Ausgaben explodieren. Fatal wirkt sich für die Unternehmen die Tatsache aus, dass die Anzahl der Bohrbrunnen in den vergangenen Jahren massiv in die Höhe schoss.

 

Doch die Produktion per Bohrloch hatte sich laut aktueller Statistiken zuletzt beständig reduziert. Eigentlich dürfte diese Entwicklung nicht allzu sehr überraschen. Die zahlreichen Fracking-Kritiker machten in den letzten Jahren unermüdlich auf die Gefahren aufmerksam, die mit dieser Technologie verbunden sind. Diese Warnungen bezogen sich beileibe nicht nur auf umweltrechtliche Bedenken, sondern vor allem auch auf wirtschaftliche Faktoren.

Die Liste der Unternehmen, die sich in den USA in finanzieller Not befinden oder gar unmittelbar vor einer Pleite stehen, sei beachtlich, wie Analysten warnen. Während sich der allgemeine Verschuldungsgrad unter Schiefergasfirmen fast verdoppelt hat, seien die Erträge jedoch nur um durchschnittlich 5,6% gewachsen. Dies ergab eine Analyse von Bloomberg News, die unter Einbezug von mehr als 60 Fracking-Firmen durchgeführt wurde.

Deshalb werden viele Unternehmen nicht überleben. Spätestens die nun angelaufene Konsolidierungswelle dürfte darüber Zeugnis ablegen. Mehr als ein Dutzend der untersuchten Unternehmen gibt allein für den Zinsdienst für aufgenommenes Fremdkapital mindestens 10% der eigenen Erträge aus. Bei Bloomberg wurde dazu ein Vergleich zu Exxon Mobil gezogen. Bei Exxon erreiche dieser Ausgabenpunkt gerade einmal 0,1%.

 

Im 1. Quartal dieses Jahres kletterte der Gesamtverschuldungsgrad in der amerikanischen Fracking-Industrie auf knapp $164 Milliarden. Wie die Analyse ergab, liegen die Zinsausgaben bei einer Handvoll Unternehmen wie Forest Oil, Goodrich Petroleum oder Quicksilver Resources schon bei mehr als 20% der eigenen Erträge. Und daraus resultiert ein Teufelskreislauf.

 

Denn die meisten der aktiven Bohrfirmen sitzen längst in der Klemme. Um ihr Geschäft aufrecht zu erhalten, müssen sie noch mehr Kredite aufnehmen, um vor allem in das Feld der Forschung & Entwicklung zu investieren. Denn nur Fortschritte auf diesem Gebiet könnten zukünftig vielleicht gewährleisten, die teils großen Produktionsausfälle zu kompensieren, die mit der Schiefergasexploration typischerweise verbunden sind.

 

Die drastische Prognoseabsenkung für Monterey durch die U.S. Energy Information Administration zeigt dies mehr als deutlich. Doch Investoren wären keine Investoren, wenn sie nicht ihre eigenen Ziele im Auge behielten. Und diese Ziele lassen sich auf das Wort „Rendite“ komprimieren. Zur selben Zeit drängen Investoren die Firmen dazu, den Spar- und Rotstift anzusetzen. So ermäßigten sich die Ausgaben zuletzt unter 26 der 61 untersuchten Firmen.

 

Es gibt bereits einige Unternehmen, die sich das Bohren nicht mehr leisten können. Denn weniger Öl und/oder Gas bedeuten weniger Einnahmen, womit sich die finanzielle Talfahrt nur noch beschleunigt. Die Zinssätze befinden sich zudem am Steigen, womit sich die Risiken für Schiefergasproduzenten weiter erhöhen. Während man tendenziell weiter sinkenden Produktionsquoten entgegenblickt, wachsen die Kapitalausgaben unaufhörlich.

 

Forest Oil Corp. war eines der ersten Unternehmen, die im Februar vor enttäuschenden Bohrergebnissen warnten. Gleichzeitig machte der Vorstand darauf aufmerksam, dass die Firma mit ihren Gläubigern in Konflikt geraten könnte. Spätestens seit diesem Zeitpunkt wissen viele Unternehmenschefs in der Fracking-Industrie, warum sie sich im Angesicht eines rekordhohen Verschuldungsgrads überhaupt nicht mehr wohl fühlen.

Vielleicht wäre eine Gesundschrumpfung des gesamten Sektors aber auch nicht das unbedingt schlechteste Szenario in der nun eingeleiteten Konsolidierung. Zumindest bestünde die Chance darauf, dass all die zu schwach finanzierten Unternehmen im Zuge dieses Prozesses der Gesundschrumpfung aus dem Wettbewerb ausscheiden. Somit blieben vor allem diejenigen Unternehmen übrig, die finanziell auf solideren Beinen stehen und nachhaltig durchfinanziert sind.

Diese Firmen wären – im Gegensatz zu den meisten anderen – nicht auf superniedrige Zinsen angewiesen, um das eigene Geschäftsmodell aufrecht zu erhalten. Ein rettendes Szenario würde sich seitens der Ölpreisfront  abzeichnen. Und zwar dann, wenn die Energiepreise weiter steigen würden. Dann könnten sich auch die hoch verschuldeten Fracking-Firmen weiter durchschleppen und mit dem Kopf über Wasser halten.

Doch, hey, hatte Obama die Russen neulich nicht gar vor dem Beginn eines Ölkriegs gewarnt? Wie sich zeigt, reagierte Putin damals nicht nur relaxed, sondern fast schon belustigt. Denn immerhin sagte er den Amerikanern für diesen Fall den Untergang ihrer eigenen Fracking-Industrie voraus. Wie recht er hatte!

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"